Seine Schwarz-Weiß-Bilder zeigen die Schönheit der Natur genauso wie das Elend der Menschheit. In seiner brasilianischen Heimat kämpfte er zudem gegen das Verschwinden des Regenwaldes. Jetzt ist Sebastiao Salgado tot.
Der weltberühmte brasilianische Fotograf Sebastiao Salgado ist am Freitag im Alter von 81 Jahren in Paris gestorben. Das gab die von ihm gegründete brasilianische Nichtregierungsorganisation “Instituto Terra” bekannt. Auch die französische Akademie der Schönen Künste bestätigte seinen Tod. Laut brasilianischen Medien litt Salgado unter den Nachwirkungen einer Malaria-Erkrankung, die er sich demnach bereits in den 1990er Jahren auf einer seiner zahlreichen Reisen zugezogen hatte.
Ursprünglich wollte der 1944 in Aimores im brasilianischen Teilstaat Minas Gerais geborene Salgado Wirtschaftswissenschaftler werden. Zu Zeiten der brasilianischen Militärdiktatur (1964-1985) wanderte er 1969 nach Paris aus, von wo aus er für die Weltbank und die Internationale Kaffeeorganisation ICO arbeitete. Zu Beginn der 70er Jahre begann er zu fotografieren, anfangs noch mit der Leica-Kamera seiner Frau Lelia Deluiz Wanick Salgado. “Ich merkte, dass mir Fotos viel mehr Spaß machten als Finanzberichte”, sagte er später.
Weltweit bekannt wurden seine Bilder des Attentats auf den amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan 1981. Mit dem Erlös der spektakulären Bilder finanzierte Salgado eine Fotoreise durch Afrika. Es war der Beginn einer Fotografen-Karriere, die ihn in mehr als 120 Länder führen sollte. Sein Fokus lag dabei stets auf Menschen und Natur in extremen Situationen, meist am Rande des Verschwindens.
Er dokumentierte in seinen Bildern die Armut Lateinamerikas, die Hungerkatastrophen in Afrika, das Leben von Stadtmenschen und landlosen Bauern und das globale Phänomen von Massenfluchten – mit besonderem Fokus auf der Situation von Kindern. Herausragend war seine Arbeit über Goldgräber im brasilianischen Amazonasgebiet, der “Serra Pelada”. Wie menschliche Ameisen klettern die schlammverschmierten Goldgräber durch eine unwirtliche Schwarz-Weiß-Welt.
“Ich fühle, jetzt mehr als jemals zuvor, dass es nur eine menschliche Rasse gibt. Klar, es gibt Unterschiede von Hautfarbe, Sprachen, Kulturen und Chancen, aber die Gefühle der Menschen und die Antworten, die sie finden, sind ähnlich”, schrieb er in seinem epischen Fotobuch “Exodus” (2000) über Landflucht. Im Jahr 2014 erschien der Dokumentarfilm “Das Salz der Erde”, mit dem ihm der deutsche Regisseur Wim Wenders ein Denkmal setzte.
Mit seinen Fotos und seinem persönlichen Engagement stellte sich Salgado in den Dienst von Hilfsorganisationen wie dem Flüchtlingshilfswerk UNHCR, dem Kinderhilfswerk Unicef und der Weltgesundheitsorganisation, wofür er weltweit mit Preisen überschüttet wurde.
Im Jahr 2019 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Salgado sei “ein Bildkünstler, der mit seinen Fotografien soziale Gerechtigkeit und Frieden fordert und der weltweit geführten Debatte um Natur- und Klimaschutz Dringlichkeit verleiht”, begründete damals der Börsenverein des Deutschen Buchhandels die Preisvergabe. Auch sein Engagement zum Schutz der Umwelt wurde ausdrücklich gelobt.
So kritisierte Salgado lautstark die Politik des rechtspopulistischen Präsidenten Jair Messias Bolsonaro (2019-2022), der sich auf die Seite der Agrarlobby stellte und den Umweltschutz in Brasilien vernachlässigte. Der unter Bolsonaro mit Budgetkürzungen kämpfenden Indigenenbehörde Funai warf Salgado 2022 anlässlich der Eröffnung seiner Ausstellung “Amazonia” in Rio de Janeiro vor, sich nicht mehr um die Belange der Indigenen zu kümmern.
Er selber ließ dagegen Taten sprechen. Bereits 1998 hatte Salgado mit seiner Ehefrau auf der elterlichen Farm in seiner Heimatstadt Aimores das “Instituto Terra” gegründet. Dort forstete er auf 7.000 Hektar den zerstörten Atlantischen Regenwald wieder auf, von dem heute nur noch weniger als zehn Prozent in Brasilien erhalten sind. Zudem engagierte sich Salgado bei der Rettung des durch seine Heimat fließenden Rio Doce, der 2015 durch den Dammbruch eines Klärbeckens verunreinigt wurde.
“Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Lelia Deluiz Wanick Salgado säte Sebastiao Hoffnung, wo Zerstörung herrschte, und brachte die Idee zum Blühen, dass die Wiederherstellung der Umwelt auch eine tiefe Geste der Liebe zur Menschheit ist”, schrieb das “Instituto Terra” in seiner Trauermitteilung. Salgado hinterlässt seine Frau und seine beiden Söhne Rodrigo und Juliano.