Rund ein Drittel der Bevölkerung droht laut einer Studie den Kontakt zum demokratischen Diskurs zu verlieren. Dies geschehe aus Überforderung, aufgrund selektiver Mediennutzung oder gezielter Abgrenzung, wie die Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM) am Donnerstag in München mitteilte. Besonders betroffen seien „Meinungsmitläufer“, die Politik meiden und dennoch extreme Haltungen äußern, sowie „Empörte“, die nach Bestätigung ihrer Wut suchen. Für die Medien bedeute dies Handlungsbedarf.
Politische Meinungen entstehen laut der Studie, die die BLM gemeinsam mit dem Rheingold-Institut und der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz erstellt hat, nicht allein auf Basis von Fakten oder Medienkonsum. Auch Emotionen, etwa innere Spannungen oder Unsicherheiten, und der Wunsch nach Orientierung spielten eine Rolle, heißt es. Damit alle Menschen am öffentlichen Diskurs teilnehmen können, müssten die Medien in der Informationsvermittlung unterschiedliche Bedürfnisse bedienen.
Die Forscher identifizierten sechs psychologische Typen der Meinungsbildung. Jeder Mensch habe ein eigenes Muster, sagte BLM-Präsident Thorsten Schmiege laut Mitteilung. Die Typen könnten Medien helfen, „ihre Zielgruppen alltagsnäher und psychologisch klug anzusprechen“. Dazu zählten klare Sprache, alltagsnahe Formate und glaubwürdige Akteure. Wenn das nicht mehr gelinge, „haben wir nicht nur ein Kommunikationsproblem, sondern ein Demokratieproblem“, so Schmiege.
Die gute Nachricht sei, dass die Mehrheit der Bevölkerung fest im demokratischen Diskurs verankert sei: Sie informiere sich aktiv, reflektiere unterschiedliche Positionen und bleibe anschlussfähig. Bei den vulnerablen Gruppen hingegen fehlen laut Studie Schutzmechanismen gegen Polarisierung und populistische Vereinfachung. Diese Menschen wendeten sich häufig nur dann politischen Inhalten zu, wenn diese zu ihren Lebensrealitäten passen.
Die Typen unterscheiden sich darin, wie sie Informationen verarbeiten, und darin, wie stark sie sich in ihrer Meinung fühlen. Das Spektrum reicht vom „eskapistischen Meinungsmitläufer“ über den „ängstlichen Selbststabilisierer“, den „empörten Meinungsanhänger“, den „flexiblen Meinungspragmatiker“ und den „anspruchsvollen Meinungsoptimierer“ bis hin zum „offensiven Meinungskämpfer“.
Grundlage der quantitativen Studie ist laut BLM die qualitativ-psychologische Studie „Moderne Mediennutzung und Meinungsbildung“ (Rheingold-Institut 2022/2023) auf Basis von 32 Tiefeninterviews. (1624/15.05.2025)