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Lübeck: Steinmeier würdigt Thomas Manns Engagement für die Demokratie

Mit einem Festakt im Beisein des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier hat die Stadt Lübeck am Freitag den 150. Geburtstag des Literatur-Nobelpreisträgers Thomas Mann (1875-1955) gefeiert. Steinmeier würdigte Mann dabei laut Redemanuskript als Menschen, der „durch und durch Künstler, Schriftsteller, seinem Werk hingegeben wie kaum ein anderer“ gewesen sei, wie das Bundespräsidialamt mitteilte. Der Bundespräsident hob besonders das spätere Engagement des gebürtigen Lübeckers für die Demokratie hervor. Zu dem Empfang wurde auch Thomas Manns Enkel Frido Mann erwartet.

Thomas Mann habe das menschliche Leben in seiner ganzen Fülle „ausprobiert, erfahren, erlitten an sich und in sich selbst, in den Tiefen und an den Oberflächlichkeiten des eigenen Lebens“, sagte Steinmeier. Und er habe es „dargestellt, plausibel gemacht einem staunenden Publikum in einem Werk, das an Themenfülle, an Stilformen und Sprachspielen seinesgleichen sucht“.

Mann hatte 1914 fanatisch den Ersten Weltkrieg begrüßt und die Monarchie als einzig wahre Staatsform bezeichnet. Nach der Kriegsniederlage vollzog der Autor eine Kehrtwende. Er wurde Anhänger der Weimarer Republik und glühender Verfechter der Demokratie.

Steinmeier erinnerte in diesem Zusammenhang an die 55 Radioansprachen, die Mann in der NS-Zeit aus dem Exil in den USA an das deutsche Volk richtete: „Mit allen Mitteln wirkungsvoller Rhetorik, ohne Schnörkel, wie es sonst kaum seine Art war, ohne Angst vor plakativen Formulierungen, vielmehr mit Sarkasmus, mit Polemik, mit unverhohlener Verachtung für Diktatur und ihre willigen Vollstrecker. Ein ums andere Mal auch mit grimmigen Voraussagen des gerechten Schicksals, das den deutschen Verbrechern und allen, die ihnen willig folgen, blühen werde.“ Mann habe auch über das aufgeklärt, „von dem viele nicht wissen wollten – und später nicht gewusst haben wollten“: Er habe von den Konzentrationslagern und von dem Schicksal der Juden gesprochen.

In einer hellsichtigen Rede von 1938 habe Mann gesagt, „dass Demokratie heute kein gesichertes Gut, dass sie angefeindet, von innen und außen her schwer bedroht, dass sie wieder zum Problem geworden ist“. Seine Botschaft habe gelautet: Die Demokratie – einmal errungen – bleibe nur, wenn die Menschen sich in ihr und für sie einsetzen und sie verteidigen. Er selbst sei „zu einem politischen Aktivisten geworden“.

Inzwischen sei Thomas Mann „ein deutscher Klassiker“, befand Steinmeier. Unter Anspielung auf Manns Roman „Der Zauberberg“ sagte der Bundespräsident, wer immer sich heute von Thomas Mann verzaubern lasse, mache sich „auf eine Reise voller Überraschungen – für drei Wochen oder für sieben Jahre: zu großen menschlichen Erfahrungen, zu ein bisschen ‘höherer Heiterkeit’, aber auch zu Humanität und Freiheit, deren Voraussetzungen Demokratie und das Engagement für sie sind“.

Zeitgleich mit dem Empfang sollte am Freitag die zentrale Ausstellung im St. Annen-Museum öffnen. Die Jubiläumsschau hat das Thema „Thomas Mann und die Demokratie“.

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