Das Leo Baeck Institut hat am Dienstag mit einem zentralen Festakt an seine Gründung vor 70 Jahren durch jüdische Emigranten erinnert. „Die deutsch-jüdische Geschichte wirft immer wieder neue Fragen auf“, erklärte der internationale Instituts-Präsident Michael Brenner laut einer vorab verbreiteten Mitteilung. Daher sei es in der heutigen Zeit wichtiger denn je, die Geschichte zu bewahren und die Relevanz der Vergangenheit für die Gegenwart und Zukunft aufzuzeigen. Die Forschungseinrichtung feiert ihr Jubiläum mit einem Festjahr unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
In seiner Festrede erklärte der österreichische Schriftsteller und Historiker Doron Rabinovici, dass jüdisches Leben in den Nachfolgestaaten nationalsozialistischer Herrschaft nur entstehen konnte, weil es „keine Wiederkehr zum deutschen oder österreichischen Judentum von einst, aber auch kein reiner Neubeginn war“. Allein in offenen Gesellschaften hätten die jüdischen Gemeinden nach 1945 hoffen können, mehr zu sein als „ein Nachruf ihrer selbst“, so der 1961 in Tel Aviv geborene Rabinovici laut Baeck-Institut.
Das Festjahr unter dem Motto „LBI at 70 – Bridging Generations“ (Brücken zwischen den Generationen schlagen) wird von zahlreichen Projekten und Veranstaltungen in Israel, Großbritannien, den USA und Deutschland begleitet. Das Leo Baeck Institut gilt als eine der weltweit größten unabhängigen jüdischen Forschungseinrichtungen. Es wurde 1955 von deutschsprachigen jüdischen Emigrierten gegründet, darunter Hannah Arendt und Martin Buber. Sie wollten das kulturelle Erbe des deutschsprachigen Judentums bewahren, das im Holocaust nahezu vollständig vernichtet wurde.
Namensgeber und erster Präsident des Instituts war der Rabbiner Leo Baeck (1873-1956), der letzte Repräsentant des deutschen Judentums im Nationalsozialismus. Das Institut entstand als Ort der Erinnerung mit drei unabhängigen Forschungszentren in Jerusalem, London und New York. Es beherbergt den Angaben zufolge eines der umfangreichsten Archive zum deutschsprachigen Judentum und der deutsch-jüdischen Diaspora und trägt aktiv zur lebendigen Erinnerungskultur bei.