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Asylkurs der Regierung sorgt für Widerspruch – Zahlen gesunken

Die Kritik an den Verschärfungen der Migrationspolitik reißt nicht ab. Während die Opposition im Bundestag den gestorbenen Papst Franziskus zitiert, meldet das zuständige Bundesamt niedrigere Asylzahlen.

Der Kurs der Bundesregierung in Sachen Asyl und Migration sorgt weiter für Kritik. In einer teils emotional geführten Debatte im Bundestag verteidigte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) am Freitag erneut seinen Kurs. Von Grünen und Linken kam deutliche Kritik. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) meldete derweil deutlich gesunkene Zahlen an Asylsuchenden.

In der ersten Bundestagsdebatte zur geplanten Aussetzung des Familiennachzugs in bestimmten Fällen sagte Dobrindt: “Die illegale Migration, sie hat eine Grenze, und die Integrationsfähigkeit unseres Landes, sie ist erreicht – und deswegen müssen wir sie zurückdrängen, die illegale Migration.” Sie müsse auf nationaler und europäischer Ebene bekämpft werden.

Laut Bamf wurden im laufenden Jahr bis Ende Mai knapp 63.000 Asylanträge in Deutschland gestellt, fast 50 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Rund 86 Prozent der Anträge waren Erstanträge. Die wichtigsten Herkunftsländer waren Syrien, Afghanistan und die Türkei. Rund 12 Prozent der Erstanträge betrafen in Deutschland geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr. Gegenüber April sank die Zahl der Erstanträge im Mai um 13,1 Prozent auf knapp 10.000.

Der am Freitag erstmals beratene Gesetzentwurf von Union und SPD sieht vor, den Familiennachzug zu Menschen mit sogenanntem subsidiären Schutzstatus zunächst für zwei Jahre auszusetzen. Ausnahmen sind nur für Härtefälle geplant. Zudem soll die Begrenzung von Migration wieder als Ziel ins Aufenthaltsgesetz aufgenommen werden.

Verschärfte Grenzkontrollen hatte Dobrindt bereits Anfang Mai angeordnet. Weitere Verschärfungen in der Asyl- und Migrationspolitik sind geplant. Der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten ist seit Jahren bereits auf bis zu 1.000 im Monat beschränkt.

Der katholische Berliner Erzbischof Heiner Koch erklärte, nationale Alleingänge brächten keine Lösung in der Flüchtlingspolitik. “Gerade nicht für Deutschland in der Mitte Europas”, schrieb er in einem Gastbeitrag für das “Handelsblatt” (Freitag, online). “Wir brauchen europäische Solidarität in der Flüchtlingspolitik. Denn die Folgen des Ukrainekriegs betreffen nicht nur uns, sie betreffen ganz Osteuropa und zeigen überdeutlich, wie eng mögliche Lösungen miteinander abgestimmt werden müssen.”

Der Erzbischof verwies zudem auf die Reaktion Polens auf Zurückweisungen an der deutschen Grenze: “Als Deutschland anfing, Migranten an den Grenzen zurückzuschicken, antwortete unser Nachbarland mit der Drohung, die Grenzen zu schließen”, so Koch. Dobrindt verwies darauf, dass die Bundesregierung sich für die Umsetzung und Nachschärfung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems einsetzen werde.

Aus der Opposition kam scharfe Kritik an den jetzigen Plänen zum Familiennachzug. Grüne und Linke warnten vor negativen Folgen für Betroffene und ihre Integration in Deutschland.

Die Grünen-Abgeordnete Filiz Polat zitierte im Bundestag sichtlich ergriffen den am Ostermontag gestorbenen Papst Franziskus, nach dem das Gegenteil von Liebe Gleichgültigkeit sei. Sie rief Union und SPD dazu auf, nicht gleichgültig gegenüber denen zu sein, die Ehepartner, Kinder oder Geschwister in Herkunfts- oder Nachbarstaaten zurücklassen mussten, weil der Fluchtweg zu gefährlich oder zu teuer sei. Die Pläne seien ein Angriff auf das Grundrecht auf Familie und würden gerade einen legalen Einreiseweg einschränken.

Clara Bünger (Linke) nannte das Vorhaben “antichristlich und familienfeindlich”. Deswegen zählten die Kirchen auch zu den schärfsten Kritikern. “Familien gehören zusammen.” Mit dem Gesetz würden jedoch weitere Familien auseinandergerissen und weitere Menschen auf gefährliche Fluchtrouten getrieben. Bünger forderte stattdessen, den Familiennachzug zu beschleunigen.

SPD-Abgeordnete zeigten sich in der Debatte hin- und hergerissen. Die Innenpolitikerin Rasha Nasr verwies ebenfalls auf die Rolle des Familiennachzugs in der Integration, betonte aber zugleich, dass es einer Abwägung mit anderen Faktoren wie der Integrationsfähigkeit bedürfe. Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm sagte, wer arbeite und gut integriert sei, könne einen Arbeitsaufenthaltstitel bekommen und dann seine Familie nachholen.

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